Ehrendoktorwürde für Sr. Dr. Michaela Puzicha OSB
02.11.17
Laudatio für Ehrendoktorin Schwester Dr. Michaela Puzicha von Prof. Dr. Robert Vorholt, Dekan der Theologischen Fakultät
Schwester Dr. Michaela Puzicha, die diesjährige Ehren-Promovendin der Theologischen Fakultät, wurde in Rheine geboren (1945), einer Kleinstadt im Nord-Westen Deutschlands, in Westfalen gelegen, näher hin im Münsterland, also gut 20km nördlich meiner Heimatstadt Münster. Was die Menschen dort kennzeichnet, ist ihre Bodenständigkeit und ihre Geradlinigkeit. Bodenständigkeit und Geradlinigkeit – Attribute sind das, die sich leicht auch auf unsere Ehren-Promovendin anwenden lassen: menschlich, sicher, spirituell, aber ganz bestimmt auch akademisch.
Von früher Zeit an fühlt sich Dr. Puzicha der Spiritualität Benedikt von Nursias, des Gründers des Benediktinerordens, verbunden. So tritt sie nach bestandenem Abitur in das Benediktinerinnenkloster «Unserer Lieben Frau» ein. Die Abtei liegt im beschaulichen Varensell, unweit von Gütersloh, im Kernland der Erzdiözese Paderborn.
Das Bessere, sagt man, ist die stete Herausforderung des Guten. So kam Schwester Michaela alsbald nach Münster, wo sie im Auftrag ihrer Ordensoberen Katholische Theologie und Philosophie studierte. 1977 promovierte sie im Fach Alte Kirchengeschichte und Patristik. Ihr Dissertationsprojekt trägt den Titel «Christus peregrinus. Die Fremdenaufnahme (Mt 25,35) als Werk der privaten Wohltätigkeit im Urteil der Alten Kirche.». Die Qualifikationsarbeit demonstriert bereits auf unverkennbare Weise das stete Bemühen Dr. Puzichas, die Stimme der Theologie auch in aktuellen Themen des Gegenwartsdiskurses vernehmbar sein zu lassen.
Im Geiste dieses Anliegens betrieb sie fortan intensive Forschungen zu Themen des vorbenediktinischen Mönchtums, zu Grundlagen und zur Exegese der Regula Benedicti und zur altkirchlichen Hagiographie. Heute gilt Sr. Dr. Michaela Puzicha mit Recht als eine ausgewiesene und international anerkannte Expertin im Bereich der Alten Kirchengeschichte, der Geschichte des Mönchs- und Ordenswesens und insbesondere des spätantiken Ordensgründers Benedikt und seiner um das Jahr 540 n.Chr. verfassten Regel. Zahlreiche Publikationen zu Grund-legung, Auslegung, Rezeption und Tradition der Regula Benedicti begleiten ihre Tätigkeit. Ihr Kommentar der Ordensregel ist bereits in zweiter Auflage erschiene und gilt als Standardwerk der Regelexegese.
Im Jahr 2000 begann Dr. Michaela Puzicha im Auftrag der Salzburger Äbtekonferenz mit dem Aufbau des Instituts für Benediktinische Studien in Salzburg für den gesamten deutschsprachigen Raum und leitete das Institut bis 2016.
Zeitweilig übernahm sie im Fachbereich Alte Kirchengeschichte einen Lehrauftrag in Patristik an der Universität Salzburg. Bis heute ist Schwester Michaela in Forschung und Lehre am Institut tätig. Methodisch verfolgt sie einen äußerst innovativen Ansatz: sie betreibt die Exe-gese der Regula Benedicti auf der Grundlage der Heiligen Schrift, des frühen Mönchtums und der Patristik. Dabei greift sie auf das Methodeninstrumentarium der historisch-kritischen Bibelexegese zurück und wendet sie im Kontext der Benediktsregel an. Gerade so eröffnet sie eine neue, wissenschaftlich fundierte und zugleich differenzierte Sicht auf die Regula Benedicti und leistet einen zukunftsweisenden Beitrag zur Spiritualitätsgeschichte des Ordo Sancti Benedicti, indem sie den historisch-kritischen Zugang mit einer spirituellen Auslegung verbin-det.
Ihre geistige Heimat, die Dr. Puzicha auf der Basis historischer Quellen zeitgemäß zu interpretieren versteht, öffnet sie für die Welt und den zeitgenössischen Menschen. Ihre Weiterbildungskurse stehen auch Nicht-Ordensleuten offen und werden zahlreich in Anspruch genommen. Christinnen und Christen der Gegenwart und allen Gottsuchern dieser Epoche einen existenziell bedeutsamen Raum der Spiritualität zu erschließen, ist das große Anliegen unserer Ehrenpromovendin, die ihre profunden Spuren hinterlassen hat in Rheine, Varensell, Münster, Salzburg und nun auch in Luzern.