Die Ausgrabungsstätte im Stift
Die archäologische Erschließung der Erzabtei setzte im Jahre 1980 ein und dauert bis heute an. Im Laufe der Jahre wurde ein Großteil der Fläche durch Grabungen erschlossen.
Die Ergebnisse wurden dabei stets mit den historischen Traditionen und bisherigen Analysen derselben konfrontiert, was zu einer Reihe von Überraschungen und neuen Erkenntnissen führte, die über Salzburg hinaus relevant sind. Für die Bewahrung der materiellen Relikte konnten im Kloster Räume für eine Archäologische Studiensammlung eingerichtet werden, wodurch der ideale Rahmen für eine weiterführende wissenschaftliche Bearbeitung gegeben ist.
Das Großflächige Areal des Klosters St. Peter liegt über den Resten der Römerstadt Iuvavum, die sich hier eng an die Möchsbergwand anschmiegt.
Die Römerzeit
Trotz der Nähe zum Berg entstanden hier im 2./3. Jh. n. Chr. Stadtvillen, die wegen ihrer luxuriösen Einrichtung mit Unterflurheizungen, Bodenmosaiken und Wandfresken sowie durch die Kleinfunde (allen voran eine Menge von Scherben der wertvollen Terra-Sigilata-Schalen) als Bewohner eine gehobene Schicht erweisen. Daneben gab es aber auch ungeheizte nicht zu Wohnzwecken dienende Räume.
Nachdem Iuvavum im späten 4. und frühen 5. Jh. von der „Völkerwanderung“ betroffen wurde, verließen es ihre Bewohner in der Folge (spätestens 488 im Zuge des Exodus‘ des Hl. Severin), und die Villen verfielen, so dass nur Ruinen überblieben.
Die nachrömische Zeit
Diese Ruinen wurden schließlich einerseits von dickem „schwarzen Haus“ (der typischen Kulturschicht einer Übergangszeit) überdeckt, andererseits aber auch weiter verwendet, wie neu eingezogene Mauern bezeugen. Die Fresken wurden abgeschlagen, und die Mosaiken z. T. zerstört. Die nicht mehr brauchbaren Unterflurheizungen wurden mit dem Schutt verfüllt.
In die Aufschüttung zwischen den römerzeitlichen Häusern wurde im späteren Zentrum der mittelalterlichen Kirche das starke, geradezu monumentale Fundament eines kontroversiellen Baues (der sog. „Zweikammernbau“) eingetieft. Unter den verschiedenen Rekonstruktionsmöglichkeiten wäre diejenige eines mehrstöckigen Turmes neben der eines Grabbaues wohl auch denkbar. Dazu kommt, dass mehrere Marmorspolien möglicherweise mit diesem Bau in Verbindung gebracht werden können. So vor allen der, als Stufe im Abgang zur hochromanischen Krypta verbaute, Block mit floralem Dekor in Negativrelief und das Pendant aus der Lieferinger Kirche (dieses wird heute im Salzburgmuseum aufbewahrt). Es ergäbe sich daraus sowie weiteren stilistisch nahen Fragmenten der geschmückte Unterbau eines „Turmes“. Untersuchungen an der Außenseite des aufrecht stehenden Mittelschiffs der Abteikirche erbrachten zudem das sensationelle Resultat, dass dessen Mauern vom Beginn des 8. Jh.s (714 nach Karl Forstner) und somit aus der Zeit des Gründerheiligen Rupert stammen. Der „Zweikammernbau“ wäre dann im Zentrum diese Peterskirche gestanden und könnte nur aus wirklich monumentaler Grabbau verstanden werden: Zusammen mit neuesten textkritischen Erkenntnissen zum Sterbeort Ruperts in Salzburg (Forster), dürfte der „Zweikammernbau“ demnach nichts anderes gewesen sein als die wahre Grablege des Heiligen!
Die frühmittelalterliche Phase
Diese erste Kirche wurde gegen 1000 erhöht, mit zwei Seitenschiffen und einer apsidalen Krypta im Osten versehen. Am ehesten geschah dies im Jahre 987, als die Priestermönche von St. Peter in den Dom übersiedelten.
In bzw. unter der Krypta verbergen sich ältere Reste wie das geheimnisvolle Fundamentgitter mit den daraufgesetzen jüngeren Marmorbasen.
Auch der älteste Bau unter der Friedhofkapelle St. Margarethen gehört in diese Frühzeit. Das Besondere an ihr sind die direkt angeschlossenen, aus dem Grundfels gehauenen Grabschächte, die anscheinend in den Salzburg-Texten des Alkuin, Hofdichters Karls d. Gr., erwähnt sind.
Die hochmittelalterliche Phase
Nach einem nicht ganz glaubwürdigen Brand im Jahre 1127 wurde die Peterskirche unter dem Abt Balderich noch einmal umgebaut, wobei die Krypta zugeschüttet, und das Mittelschiff der Kirche mit einem Stützenwechsel (Pfeiler-Säule-Pfeiler) versehen wurde (1143), in welcher Form die Kirche unter den barocken Verkleidungen weiterhin bestehen geblieben ist.
Zu den bekanntesten Bereichen der Erzabtei St. Peter gehören die sog. Katakomben, offenbar ehemalige Einsiedlerzellen, die ab dem 8. Jh. in mehreren Etagen in der Mönchsbergwand angelegt wurden. Ebenfalls jedem Salzburger ein Begriff sind die, auf die Römerzeit zurückgehenden, Wasserstollen durch den Mönchsberg sowie das sog. Felsengrab des Hl. Rupert im rechten Seitenschiff, in Wahrheit ein wiederverwendeter römischer Sarkophag. Im Zuge der Grabung im Mittelschiff kam auch das Grab des J. W. v. Raitenau († 1593), Vaters von Erzbischof Wolf Dietrich, zutage. Unter den zahlreichen übrigen Kleinfunden ist besonders bemerkenswert der Rest einer (spätrömischen?) Ziegelplatte mit, vor dem Brand eingeritztem „Christus-Monogramm“.
Mit der Einrichtung der Studiensammlung ging auch einher das besondere Augenmerk auf Konservierung und Restaurierung der gehobenen Funde sowie deren sichere Aufbewahrung (mit Ausnahme der Krypta mussten ja alle sonstigen Baulichkeiten wieder zugeschüttet werden.) So wurden die gehobenen Mosaikteile (durch F. X. Prascsaits; Th. Hacklberger) und die zahlreichen Freskenfragmente durch A. Ausderschmitten gesichert. Diese, hauptsächlich römerzeitlichen und hochromanischen, Reste der luxuriösen Ausstattung sind Grundlage der wissenschaftlichen Bearbeitung (B. Tober).
Die wichtigsten Publikationen zu St. Peter
Stefan Karwiese
- in Studien u. Mitteilungen des Benediktinerordens 93 (1982) 404 ff.
- in Studien u. Mitteilungen des Benediktinerordens 98 (1987) 195 ff.
- Hl. Rupert v. Salzburg, Archäologie in St. Peter, Ergänzungsband. 1996, 1 ff.
- Von der ecclesia Petenas zur ecclesia Petensis, in Mitteiliungen des Institutes österr. Geschichtsforschung 101 (1993) 228 ff.
- Salzburgs vergessene Heilige, in Mitteil. Zur christl. Archäologie 11 (2005) 9 ff.
- Die archäologische Erschließung der Erzabtei St. Peter zu Salzburg (2014)
Alice Kaltenberger
- Ausgrabungen St. Peter I., Die Terra Sigilata 1980-1992, in Jahreshefte des Österr. Archäologischen Institutes 64 (1994) 158 ff.
- Ausgrabungen St. Peter II., Römerzeitliche Gebrauchsware u. mittelalterl. Keramik 1980-1995, in Jahreshefte des Österr. Archäol. Inst. 67 (1998) 246 ff.
- Ausgrabungen St. Peter III., Römerzeitl. Feinware, in Jahreshefte des Österr. Archäol. Inst. 68 (1999) 410 ff.
- Röm. Terra Sigillata u. Gebrauchskeramik St.Peter 1980-1995, in Hl. Rupert v. Salzburg, Archäologie in St.Peter, Ergänzungsbd. 1996, 79 ff.
Klaus Tragbar
- Beobachtungen am Langhausobergaden von St. Peter, in achitectura 2 (2007) 213 ff.
- St. Peter in Salzburg, in HS Augsburg Forschungsbericht 2011, 95 f.
Neues zum Heiligen Rupert
Karl Forstner
- Studien zur Frühgeschichte Salzburgs, in Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 147 (2007) 137 ff.
- Salzburg – Sterbeort des hl. Rupert, in Mitteilungen der Gesellschaft Sbg. Landeskunde 153 (2013) 27 ff.